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#Digidilemma: Die neuen Nutzungsbedingungen von WhatsApp

#Digidilemma: Die neuen Nutzungsbedingungen von WhatsApp

In unserem neuen Format #Digidilemma stelle ich Euch regelmäßig aktuelle Dilemmata und Diskurse aus der digitalen Welt vor.

Kennst du auch schon #digidingens – unser Erklärformat für all die Buzzwörter, mit denen wir überall zugespamt werden?

Seit einigen Wochen erscheint beim Öffnen von der beliebten Messenger-App WhatsApp ein Hinweis, dass neuen Nutzungsbedingungen zugestimmt werden muss. Wurde hierfür zunächst eine Frist bis zum 8. Februar genannt, verlängerte sie sich auf öffentlichen Druck bis 15. Mai. Die Quintessenz allerdings bleibt: Ist man mit den neuen Bedingungen nicht einverstanden, steht einem WhatsApp nicht mehr zur Verfügung.

Aber wo ist das Problem mit den Nutzungsbedingungen?

Dieses kleine Häkchen zum Einverständnis der Nutzungsbedingungen schlägt hohe Wellen. Denn damit sind teils gravierende Eingriffe in den Datenschutz und die eigene Privatsphäre verbunden, wie sie mit dem DSGVO eigentlich nicht mehr vorkommen sollten. 

Es geht weniger darum, dass Chatverläufe mitgelesen werden. Die werden zum einen nur auf den Endgeräten gespeichert und sind zum anderen Ende-zu-Ende verschlüsselt, sodass nicht einmal WhatsApp sie lesen kann. Da sie eine sehr hochwertige Verschlüsselungs-Software vom unabhängigen Messengerdienst Signal eingekauft haben, bleibt ihnen gar nichts anderes übrig, als an dieser Stelle ihr Versprechen zu halten.

Es geht dem Unternehmen um etwas anderes: unsere Daten. Wann wir wie lange und mit wem WhatsApp genutzt haben, wen wir anrufen, aber auch Modell und Batteriestand unseres Smartphones und sogar unseren Standort. Und jetzt wird es richtig gruselig: Für nicht verschlüsselt gesendeten Inhalt überträgt man WhatsApp eine Nutzungslizenz – das betrifft vor allem Bilder und Videos…

Ist das denn legal?

Jetzt willst Du vielleicht sagen: „Hey, das geht doch gar nicht, dafür haben wir doch schließlich das DSGVO!“ Jaaa, stimmt. Aber da wird die Sache etwas knifflig. Denn WhatsApp bestreitet vehement, dass diese Klauseln auch in Europa zur Anwendung kommen. In einem Teil der Nutzungsbedingungen steht: „Derzeit nutzt Facebook deine WhatsApp Account-Informationen nicht dazu, deine Produkterlebnisse auf Facebook zu verbessern oder dir interessantere Facebook-Anzeigen zu zeigen.“ 

Mal ganz abgesehen von dem kleinen Wörtchen „derzeit“, ergibt sich beim Weiterlesen der AGB auch plötzlich ein ganz anderes Bild: „Unter Umständen teilen wir Informationen über dich innerhalb unserer Unternehmensgruppe, um verschiedene Aktivitäten zu erleichtern, zu unterstützen und zu integrieren – und natürlich auch, um unsere Dienste noch weiter zu verbessern.“ Der zweite Satz ist eine schwammig Art zu sagen, dass es doch vielleicht möglicherweise unter Umständen sein könnte, dass deine Informationen mit anderen Unternehmen, wie Facebook Advertising, geteilt werden könnten. Einen Ausschluss dazu gibt es an dieser Stelle jedenfalls nicht mehr. Und denk einmal zurück: wofür will denn WhatsApp Nutzungsrechte? Just because?

Kann man denn da nichts machen?

Wie so oft bleibt nur Love it, change it or leave it! Entweder du lebst mit den neuen Nutzungsbedingen (ok, es zu lieben ist vielleicht etwas stark formuliert), versucht die Bedingungen zu ändern oder du gehst…

Ok, wie das damit leben geht, ist ja an sich klar.

Change it, also „Verändere es“ ist da schon schwieriger. Theoretisch könnte man im Nachhinein den Nutzungsbedingungen gemäß DSGVO widersprechen und WhatsApp trotzdem weiter nutzen. Praktisch hat das allerdings wenig Aussicht auf Erfolg. Denn WhatsApp verlangt, dass man dafür eindeutig darlegen muss, gegen welche Nutzungen der eigenen Daten man im Einzelfall explizit widerspricht und inwiefern man sich in seinen Rechten eingeschränkt fühlt. Gar nicht so einfach, wenn vorher nur nebulös kommuniziert wird, was da alles mit unseren Daten passiert, oder?

Und dann gibt es natürlich noch die Möglichkeit des Leave it, also WhatsApp zu verlassen. Solltest Du dich für die Variante entscheiden, ist es aber wichtig, dass du wirklich deinen Account löschst, nicht nur die App deinstallierst. Aber auch das ist natürlich leichter gesagt als getan, ist doch WhatsApp die in Deutschland am meisten gedownloadete App. So kann es sein, dass sich nicht das gesamte Umfeld für eine Abkehr von WhatsApp entscheidet oder verschiedene Alternativen wählt. Und dann? Facebook zum Kontakthalten ist ja nicht gerade eine gute Alternative 😉 Ich habe seit Jahren WhatsApp-Verweigerer in meiner Familie, mit der guten alten SMS klappt das auch…

Aber mal ernsthaft: Was gibt es denn für Alternativen?

Aber mal ernsthaft: Was gibt es denn für Alternativen? Allem voran möchte ich hier einmal die App Signal vorstellen. Signal ist durch Spenden finanziert (insbesondere durch eine sehr generöse Spende vom WhatsApp-Mitgründer Brian Acton, der scheinbar den Verkauf an Facebook sühnen wollte). Die App verwendet eine sehr sichere End-to-End-Verschlüsselung und speichert keine Daten. Das glaubst du nicht? Als Signal vor ein paar Jahren im Zuge eine Strafverfolgung zur Herausgabe von Nutzungsdaten verpflichtet wurde, konnte das Unternehmen lediglich sagen, seit wann die betreffende Person den Messenger nutzt und wann sie zuletzt online war…

Eine andere Alternative zu WhatsApp kann Threema sein, die ebenfalls eine sichere End-to-End-Verschlüsselung nutzt und kaum Daten speichert – allerdings mehr als Signal.

Telegram wird auch oft als Alternative gehandelt. Da wir hier aber darüber sprechen, von einem datenabgreifenden Messengerdienst abzuwandern, würde ich Telegram nicht gerade eine Alternative nennen…

Tja. Aber was tun? Die eigenen Daten schützen und WhatsApp den Rücken kehren? Und damit die einfache Kommunikation zu Familie, Freunden und auch Geschäftspartnern aufgeben? Oder bleiben – und damit leben, vielleicht irgendwann ein Bild von mir im Urlaub in einer Werbung zu sehen?

Es ist tatsächlich ein Dilemma.

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