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#digidilemma: Zoom-Burnout

In unserem neuen Format #Digidilemma stelle ich Euch regelmäßig aktuelle Dilemmata und Diskurse aus der digitalen Welt vor.

Kennst du auch schon #digidingens – unser Erklärformat für all die Buzzwörter, mit denen wir überall zugespamt werden?

#digidilemma: Zoom-Burnout oder auch Zoom-Fatique

Disclaimer: Der Begriff Zoom-Burnout ist irreführend, da es sich nicht um die psychologischen Erkrankung Burnout handelt. Solltest Du dauerhaft unter Beschwerden wie Erschöpfung, mangelnde Konzentration, Schlafstörungen, Entscheidungsunfähigkeit oder ähnlichem leiden, wende Dich an Deinen Hausarzt. Hier erfährst Du mehr zum Thema Burnout.

Das neue Normal

Seit über einem Jahr befindet sich die Welt im Ausnahmezustand. Vieles, was wir bis dahin als selbstverständlich wahrgenommen haben, ist seitdem nur noch stark eingeschränkt oder teilweise sogar gar nicht möglich. Nach dem ersten Schock über die neue Situation ist uns schnell klar geworden: Um unser Leben auch während der Pandemie fortzuführen, braucht es neue Techniken und Strategien, ein „Neues Normal“. Einer der wichtigsten Anker dieses „Neuen Normal“ ist wohl die Videotelefonie. Früher wurden Skype und Co. dafür genutzt, auch mal mit Freunden oder Geschäftspartnern im Ausland mit Bild zu sprechen. Heute sind Teams, Zoom und weiter Programme eine wichtige Krücke unserer eingeschränkten, alltäglichen Kommunikation.

Im Berufsleben findet ein Groß der Abstimmungen online statt. Am besten mit Video an, denn so kommt mehr die Dynamik eines Live-Meetings zustande. Doch nach Feierabend stellen wir nicht einfach den Laptop aus und widmen uns dem Leben in 3D. Vielmehr Videochatten wir noch mit unseren Eltern oder anderen Verwandten, die wir aktuell nicht oder nur sehr selten sehen können. Und am Freitagabend gehen wir nicht mehr mit unserem Freundeskreis in die Kneipe, sondern versammeln uns alle vor unseren Laptops und trinken so in gemütlicher Runde Wein.

Das Bild der Krücke (oder wie Orthopäd*innen sagen würden: Unterarmgehstütze) passt tatsächlich sehr gut zur Videotelefonie. Sie hilft uns zu laufen, pardon, zu sprechen: Denn ohne sie könnten wir derzeit uns gar nicht sehen und nicht nur sprachlich, sondern auch visuell austauschen. Aber wenn man sich zu lange einseitig auf eine Krücke lehnt, entstehen andere Schäden im Körper. Genau so ist es leider oft auch mit der Videotelefonie.

Zoom-Burnout oder auch Zoom-Fatigue

Es gibt ein neues Phänomen, welches derzeit immer weiter erforscht wird: das Zoom-Burnout. Von einem Zoom-Burnout spricht man, wenn die ständige Videotelefonie auf die psychische Gesundheit schlägt. Natürlich ist das nicht auf die Plattform Zoom begrenzt, der Name steht stellvertretend für alle Videotelefonie-Plattformen Häufige Symptome sind Müdigkeit, Gereiztheit, Schlaflosigkeit und Konzentrationsschwäche. Aber auch körperliche Symptome treten sehr häufig auf: Kopf- und Rückenschmerzen, Sehstörungen uns Verspannungen stehen bei Betroffenen oft an der Tagesordnung. Ja, diese Symptome können von vielen Faktoren herrühren und können, sollten sie dauerhaft bestehen bleiben, sogar ein Anzeichen für eine behandlungsbedürftige Erkrankung sein. Beim Zoom-Burnout (oder auch Zoom-Fatigue, also Zoom-Erschöpfung), zehren die ständigen Videocalls überdurchschnittlich an den Nerven. Wenn man das Gefühl hat, nach einem Arbeitstag auf keinen Fall noch mit einer Menschenseele online sprechen zu können.

Das Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) hat im vergangenen September bis Dezember eine Studie zu diesem Phänomen durchgeführt. Dabei gaben 60% der Befragten an, von Videocalls erschöpft zu sein, die meisten sogar dauerhaft. Zwei Drittel von ihnen gaben dabei an, dass die Erschöpfung mit mehr Videocalls weiter zunimmt.

Was steckt dahinter?

Die genauen Auslöser für das Zoom-Burnout sind noch nicht erforscht, vieles deutet jedoch auf vielfältige Gründe hin. Eine wichtige Rolle spielt dabei wohl der Mangel an nonverbaler Kommunikation und natürlichem Gesprächsfluss in der Videotelefonie. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die vermeintliche Nähe. In einem normalen Meeting lässt man mal den Blick schweifen. Man schaut von einer Kolleg*in zum andern, auf die eigenen Notizen, auf den Tisch. Alle Teilnehmer*innen sind weiter von dir entfernt, Ihr sitzt beispielsweise um einen großen Konferenztisch herum. In Videocalls ist die gleiche Anzahl Teilnehmer*innen keinen Meter von dir entfernt, mit einem Close-Up auf das Gesicht. Diese krasse Nähe löst in unserem Gehirn evolutionär bedingt puren Stress aus. Denn derart nah ist man anderen Menschen sonst nur aus zwei Gründen: entweder für Intimität oder (weit häufiger) zum Nahkampf.

Und was kann man dagegen tun?

Die naheliegendste Lösung wäre, keine Videocalls mehr zu machen. Das ist aber natürlich gar nicht möglich. Schließlich befinden wir uns noch immer in pandemischen Zeiten und wir sind weiter auf Videotelefonie angewiesen. Gleichzeitig sollten wir aber auch nicht so weitermachen wie bisher. Es gilt, ein gesundes Mittelmaß zu finden.

Am einfachsten geht das, indem man sich an den grundlegenden Meeting-Regeln orientiert. Wenn man vor jedem Video-Meeting darauf achtet, wirklich nur die wichtigsten Teilnehmer*innen einzuladen, entlastet man nicht nur die nicht eingeladenen Kolleg*innen, sondern auch die Teilnehmer*innen durch weniger Gesichter auf dem Bildschirm. Es lohnt sich mittlerweile auch zweimal hinzuschauen, was man wirklich per Video besprechen muss. Früher haben wir ja auch häufig telefoniert, statt vor Ort miteinander zu sprechen. Reine Telefonie ohne Video ist im letzten Jahr etwas zu Unrecht aus der Mode gekommen. Besonders vorteilhaft daran: Man kann bei einem Telefonat, für das man nicht zwangsläufig am Rechner sitzen muss, auch einen Spaziergang machen. Das tut der Psyche gleich doppelt gut.

Viele Unternehmen haben auch Zoom-freie Freitage eingeführt – ein Tag in der Woche, wo man sich nicht, auf die Gesichter der Kolleg*innen auf dem Bildschirm konzentrieren muss.

Das Problem des Zoom-Burnouts lässt sich wohl so lange nicht zur vollständigen Befriedigung lösen, wie das Problem der Pandemie noch nicht gelöst ist. Bis dahin gilt es, eine schmale Gratwanderung zu meistern, zwischen „nicht zu viele Videocalls“ und „genug“.

Wenn Ihr eine gute Lösung (für Euch) gefunden habt, lasst es mich gerne wissen!

Eure Lisa

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